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Handaufzucht eines Kattas im Jahre 2008

ein Behandlungsbericht des Zoo Braunschweig

 

Um den Kattas in Gefangenschaft ihre Haltungsbedingungen zu optimieren, wurden in den letzten Jahren eine Menge von Erkenntnissen gewonnen und veröffentlicht.

Wir haben hier eine Auswahl der interessantesten uns bekannten Quellen zusammengetragen:

 

Wir bitten jeden, der weitere Quellen kennt, uns diese bitte mitzuteilen, so daß wir an dieser Stelle alle Erkenntnisse zum Nutzen der Tiere bekanntmachen können.

Herzlich willkommen sind hierbei alle Arten von praktischen Erfahrungen( Beschäftiungstipps ) bis zu wissenschaftlichen Studien

 

1.Veterinärmedizinische Themen zu Kattas

Photo:Anja Schildhauer (Tierpflegerin im Zoo Braunschweig) mit freundlicher Genehmigung von Denise Leßke/Braunschweig und Dieter Weiß/Wolfsburg

Handaufzucht eines lemur catta

- ein Behandlungsbericht des Zoo Braunschweig -

Beteiligte Personen: Miriam Schaper (Tierpflegerin & Ziehmutter), Frau Dr. Anja Blankenburg
(Tierärztin), Anja Schildhauer (Cheftierpflegerin)

 

Steckbrief:

1,0 Katta Kwesi geb. 04.05.2008

Mutter: Tasha geb. 07.05.2006
Vater: Furby geb. 2004

Decktag war der 21.12.2007

Vorgeschichte

Das Muttertier Tasha war erstgebärend. Trotz hartnäckiger Versuche seitens der Tierpfleger wollte sie ihr Junges nicht annehmen. Sie wirkte verschreckt und verunsichert, obwohl sie in einer sozial intakten Gruppe aufgewachsen ist (keine Handaufzucht!) und auch die Geburt jüngerer Geschwister miterlebte und an deren Aufzucht mitwirkte; sie war zu keiner Zeit aggressiv gegenüber dem Kleinen.
Leider hatte unser Alphaweibchen Cleo (die Mutter von Tasha & Großmutter von Kwesi) 2008 keinen Nachwuchs bekommen, weil ihr absoluter Favorit Spock zum Zeitpunkt der Hitze durch einen Kampf mit Furby schwer verletzt wurde (es musste ein Hoden entfernt werden).

Mögliche Versuche ein Jungtier mit dem Muttertier zu vereinen:

Ansetzen mit der Hand
Trennung der Mutter mit Jungtier von der Gruppe und Zusammensetzung in/auf möglichst kleinem Raum (z.B. Transportkiste), aber nur unter Aufsicht.

 

Aufzuchtbox

immer 35°C Umgebungstemperatur
Zugluft geschützt (hohe geschlossene Seiten)
1 Wärmflasche (Vorsicht – nicht zu heiß!)
Handtücher
Stoff- bzw. Klammertier zum Festhalten

Wir hatten eine Styroporbox, die leicht und gut Wärme isolierend sind. Von der Größe sollte sie so sein (Grundfläche: etwa 2 Wärmflaschen nebeneinander!), dass das Tier sich auch mal auf kühlere Stellen rollen/krabbeln kann, um eine Überhitzung zu vermeiden: Kattajunge können ihre Körpertemperatur noch nicht selbst regeln; sie dürfen weder auskühlen, noch überhitzen!!!

 

Fütterung

Grundsätzlich:

Milchpulver mit wenig Eisengehalt (z.B. Bebamilch) verwenden
Immer frisch zubereiten; nie aufheben (auch nicht im Kühlschrank!) und nicht in der Mikrowelle erhitzen
35 °C Trinktemperatur
4 – 7 g Gewichtszunahme pro Tag in den ersten 4 Monaten
nach jeder Fütterung Bauch und Analregion massieren (mit feuchtem Tuch), um den Kot- und Urinabgang zu stimulieren

Milchzusammensetzung:

- 30 ml abgekochtes Wasser oder Fencheltee (ungesüßt)
- 1 Meßlöffel Human/Babymilch (Bebamilch)
- 30 ml fettarme Kuhmilch
- 3 ml 5 %ige Dextroselösung (Apotheke)

Fütterungsintervalle

anfangs stündlich mit Kleinstmengen, wegen der Gefahr der Überfütterung!
Dann alle 90 min.
120 min. und so weiter

Bei den Intervallen haben wir uns auch nach Kwesi gerichtet bzw. an seinen Reaktionen orientiert (er hat sich verbal gemeldet und Zitzen gesucht)! Mit zunehmender Mengenaufnahme tritt auch eine länger anhaltende Sättigung ein, aber die ersten Nächte sind auf jeden Fall hart und anstrengend!

Ab Milchmenge Gewicht 05. Mai 0,5 ml stündlich 12. 0,7 ml 13. 0,75 ml 14. 0,8 ml 15. 0,85 ml 16. 0,9 ml 17. 1,0 ml 18. 1,3 ml 62 g !!!! 19. 1,5 ml 20. 1,5 – 1,8 ml 21. 1,5 - 2,0 ml 22. 2 ml Milchumstellung ! 23. 2,2 ml 25. 2,5 – 3 ml 68 g 27. 3 ml 70 g 31. 3,5 ml 78 g 01. 06. 08 4 ml 80 g 02. 4,3 ml 82 g 03. 4,5 ml 86 g 04. 4,5 ml 88 g 06. 6 ml 07. 6 ml 100 g 12. 6,3 ml 102 g 13. 6,5 ml 104 g 14. 6,5 ml 108 g 15. 7 ml alle 4 Std. 120 g erstes Bananenstück gefressen 16. 7 ml 128 g erstes Apfelstück

Aus Mangel an Wissen und Erfahrung haben wir ganz am Anfang eine Milchzusammensetzung für Krallenaffennachwuchs gefüttert. Aber was bei kleinen Lisztaffen ganz hervorragend und gut verträglich war, entpuppte sich beim Kattanachwuchs als nicht ausreichend und nicht gut.
Kwesi nahm die Milch zwar gut an und er bekam auch (anfangs) keinen Durchfall, aber scheinbar konnte er die Nahrung energietechnisch nicht richtig verwerten, denn er nahm nicht zu und wuchs auch nicht.
Das Geburtsgewicht von Kattas liegt bei 65 – 85 g; lt. Tabelle hatte Kwesi das nicht mal am 14. Lebenstag!
Sein Zustand verschlechterte sich ab dem 20./21. 05. plötzlich dramatisch: er bekam Durchfall, wurde immer schwächer und völlig apathisch! Die medizinische Behandlung zeigte nicht den gewünschten und erhofften Erfolg. Die Prognose von unserer Tierärztin war dementsprechend: keine 24 Std. mehr!
Aber während unsere Tierärztin und Kwesi’s Ziehmutter Miriam Schaper sich schon traurig, tränenreich und hilflos dem (scheinbar) unausweichlichen Schicksal ergaben – „fand“ ich über das Internet Anja und Bernd Hettmer aus dem Tierpark Gettorf!
Durch die schnelle telefonische Hilfe und den richtigen guten Rat, wurde eine sofortige neue Milchzusammensetzung verabreicht und das kleine Wunder geschah: Kwesi erholte sich! Und er nahm auch endlich zu (s. Tabelle!) und wurde größer!
Er wurde zunehmend munterer und aufmerksamer in Bezug auf seine Umgebung.
Im Vergleich mit anderen Kattakindern hat er ganz gut aufgeholt, obwohl er durch die „falsche“ Fütterung mächtig viel aufzuholen hatte und lange unterentwickelt und zu klein für sein eigentliches Alter war.

Als Buchempfehlung/Nachschlagewerk für Handaufzuchten kann ich allen nur zu der Anschaffung von

„Hand-rearing wild and domestic mammals“ von Dr. Laurie Jj. Gage DVM-Verlag

raten!

Da stehen viele Ersatzaufzuchtmilchrezepte drin und auch die vielen unterschiedlichen Kleinigkeiten bzw. Besonderheiten, auf die man bei den einzelnen Säugetieren achten muss! So ist der Zusatz von Dextrose bei Lisztaffen nicht vorgesehen bzw. ratsam, aber beim Katta (über)lebenswichtig!

 

Integration

Wir fingen sehr früh an (ca. ab 2. Monat) täglich mit Kwesi in die Kattagruppe zu gehen – aber nur unter Aufsicht. Alle reagierten neugierig und freundlich; besonders seine Tante Miss Sophie ist total vernarrt in Kwesi. Allerdings waren Kwesi die Großen ein bisschen zu grob und wild (kannte er halt nicht – so viel Action!).
Hinzu kam noch, weil er so klein und zierlich war passte er durch den Zaun vom Außengehege und jedes Mal, wenn wir (Menschen) weg gehen wollten, schlüpfte er durch die Maschen und der erstbeste Mensch (Besucher!) war ihm recht, um mitgenommen zu werden! Also installierten wir eine Art Laufstall (Käfig) im Außengehege, damit er nicht abhauen kann.
Im Innenhaus war er, nachdem die nächtlichen Mahlzeiten weg fielen, aus Sicherheitsgründen in einem Schlafkäfig: mit Wärmflasche, Decke & Lieblingskuscheltier.

Mittlerweile lebt und schläft er, aber ohne Käfig, in unserer 2. Gruppe mit Sicht- und Hörkontakt zu den anderen - ohne Gefahr zu laufen, mit seinem Vater zusammen zu geraten.
Das einzige „Problem“ ist sein Vater Furby! Weil Furby über den Sommer als Freigänger (mit einigen anderen) in unserem Schwesternbetrieb Tierpark Essehof war, konnte er nicht von Anfang an miterleben, wie Kwesi aufwuchs und sieht den Zwerg jetzt schon, als revierfremdes Männchen: er hat ihn angegriffen und sogar verletzt!
Normalerweise würde seine Kattamutter und seine Tanten, ihn beschützen und Furby auf Distanz halten, aber diese enge Bindung fehlt einfach – trotz Neugier und Freundlichkeit gegenüber dem Kleinen! Und wir können uns ja auch nicht den ganzen Tag im Gehege aufhalten. Spock (Kwesi’s Großvater) hat überhaupt keine Probleme mit seinem Enkel.

Zurzeit befindet sich Kwesi in seiner Flegelphase und erlaubt sich gegenüber uns Tierpflegern (und Katta) so manche Frechheit:

Festhalten (findet er richtig blöd!) wird mit heftigem zubeißen beantwortet
An & auf den Kopf/Körper springen und zwar wie ein außer Kontrolle geratener Flummi
Putzutensilien klauen und durch die Gegend werfen
Grundsätzlich als erster den Kopf in der Futterschale oder im Putzeimer/Dreckwasser

Wir Menschen (und Katta) bemühen uns gerade, ihm Mensch-Katta-Verhaltens-Benimmregeln beizubringen; so darf er z.B. nicht beißen, wenn er mal fixiert werden muss: Keiner von den Großen hat das je gemacht oder würde das machen – nur die kleene Handaufzucht….

Braunschweig, 21.01.2009

 

 

Anja Schildhauer (Cheftierpflegerin im Zoo Braunschweig)